Mittwoch, 21. Mai 2014

Keimfrei zur Fleischeslust

Fleischeslust sei ungesund, zumindest soweit es ums Essen geht, predigen Veganer uns schon lange, was immer daran ist, spricht nun eine neue Studie im Auftrag der Grünen davon, dass dies persönliche Unglück, sich mit ungesundem Fleisch zu schädigen, auch für die übrige Bevölkerung, also auch die längst gottgleich gesunden Veganer, lebensgefährlich sei.

Die Tiere bekommen, damit sie die Qual der Massentierhaltung überhaupt überleben, Antibiotika, die wiederum zu Resistenzen bei den so behandelten Tieren führen, insofern sich resistente Keime bilden, sind diese dann nicht mehr mit Antibiotika behandelbar, können infolge zu neuen Epidemien führen, von denen wir noch gar nichts ahnen, noch wüssten, wie wir sie behandeln sollen bis jetzt.

Erinnerungen an die großen Zeiten der Seuchen werden wach an denen in Europa im Mittelalter allein 20-40 Millionen Menschen starben, damals aus Unkenntnis, heute wäre es aus bewusster Fahlässigkeit in dichter besiedelten Gebieten womöglich noch mehr, denn wo wir uns die resistenten Keime selbst heranzüchten, helfen auch keine Medikamente mehr, die es damals nicht gab.

Während wir nun diese gute Nachricht, die eigentlich schon jeder etwas nachdenkliche Mensch irgendwie ahnen konnte, noch mühsam verdauen, ereilt uns die nächste Hiobsbotschaft. Flugzeuge speichern trotz Reinigung mehr Keime in Sitzbezügen, Armlehnen und Teppichen als bisher bekannt war - sollten wir also künftig nur noch in Kitteln und mit Mundschutz wohin und mit wem auch immer verkehren, wie es uns Millionen Asiaten schon vormachen?

Ist möglichst hohe Keimfreiheit nun die einzige Rettung oder sollten wir im Gegenteil möglichst unbesorgt bleiben, insofern wir von irgendwas immer krank werden können, am ehesten aber immer noch von der Angst davor krank zu werden?

Sauberkeit ist bestimmt gut und gesund in Bereichen in denen fehlende Sauberkeit schnell tödlich sein kann, beim Umgang mit Leichen, Kadavern, Exkrementen und ähnlich geruchsintensiven Dingen. Wenn es uns stinkt, wie es ist, kann das also schon ein gutes Zeichen dafür sein, dass es mit der ein Überleben besser sichernden Sauberkeit nicht weit her ist.

Keinfrei leben mindert zwar möglicherweise das Risiko, sich zu infizieren, aber erhöht mit Sicherheit die Gefahr von überraschend uns doch einmal begnenden Keimen gleich niedergestreckt zu werden. Abgesehen davon wieviel Lebensfreude ein solch keimfreies Leben wohl noch hätte, ist schon die Absurdität der dann Begegnungen etwa im öffentlichen Nahverkehr von kaum mehr zu überbietender Komik.

Stellen wir uns vor, wie die in leichte Schutzanzüge gehüllten Pendler mit Mundschutz ihren Sitzplatz immer erst mit Desinfektionsspray ordnungsgemäß reinigen, um sich nur nichts einzufangen oder wird es dann Wegwerfbezüge zum Abreißen geben und wie werden öffentliche Mülltonnen gesichert, damit kein Keim entweichen kann?

Würde das schmuddelige Berlin von sauberen Städten wie Hamburg oder Berlin zum Seuchenherd erklärt, den es einzuzäunen gilt, schaffen wir wieder neue Lager, wie es die CSU noch in den frühen achtzigern für AIDS Kranke plante?

Scheinbar entbehrt dieser Aspekt der vermeintlichen Sicherheit nicht einer gewissen Komik, auch wenn die Wurzeln sicher tragisch sind und ein guter Anlass darüber nachzudenken, wie wir unserem Essen wieder Wert geben. Wer gutes will, wird dafür gut zahlen müssen, nie war Fleisch so billig und der Preis für die große Grillplatte oder die Wurstpakete zum Schnäppchenpreis sind die Inkaufnahme von Massentierhaltung, Antibiotika in Tiernahrung, damit die Tiere unter diesen Bedingungen überhaupt bis zur Schlachtung überleben, keine große Neuigkeit - sauber mag es bei der Schlachtung und im Stall zugehen, nur eben nicht natürlich, warum Tiere eben krank werden und um dies zu verhindern behandeln wir sie mit Medikamenten, die sie ihren unnatürlichen Lebensraum ertragen lassen - alles ziemlich einleuchtend und natürlich verbieten sich hier Parallelen zum Mensch und seinem Lebensraum, der Antibiotika nötig macht...

Ob wer daraus die Konsequenz zieht, Vegetarier zu werden, da die Gefahr des Fleischkonsums auch für die Mehrheit unerträglich ist, mag dem einzelnen überlassen werden, nichts ist unerträglicher als Veganer mit Bekehrungswunsch, sofern die drohenden Seuchen ausbrechen, wird die Regierung reagieren müssen - vorausschauendes regieren wird ja schon von keinem der Beteiligten derzeit überhaupt erwartet - fraglich nur was dies zur Folge hat und bedeutet - wird dann die nötige Wurzelbehandlung begonnen oder wieder nur ein  wenig auf die Symptome gehauen, solange nicht zu viele dabei draufgehen - all dies ist noch mehr als Ungewiss, allerdings wird es spannend, was passiert, wenn egal welche Regierung in deutsche Kühlschränke hineinregiert und wen es wie betrifft. Wohlhabende und gebildete Schichten konsumieren längst kaum noch Billigfleisch oder ähnliche Produkte, für die wird sich wenig ändern - treffen wird es eine immer größere Mehrheit von Armen, die dann verzichten müssen, weil wir zu lange ohne Verantwortung gehaushaltet haben und das ist der eigentliche Skandal, denn es wird wieder zuerst und am schnellsten diejenigen treffen, die sich am wenigsten wehren können - aber gut, sie können dann ja keimfrei leben oder es versuchen, wird auch lustig, wie sie das bezahlen soll, weiß keiner, vielleicht übernimmt es ja die Kasse und unter den perspektivlosen Hartz IV Empfängern, die bald in die zweite Generation gehen, wird so eine gewisse Auslese betrieben - Leben halt, wenn es um die Wurst geht, fraglich nur, ob jemand es wagt, etwas zu ändern, was nötig wäre.
jt 21.5.14

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