Sonntag, 10. August 2014

Weltwille

Die Welt als Wille und Vorstellung amerikanischer Präsidenten haben wir mit katastrophalen Folgen seit 1990 kennenlernen dürfen. Solange diese Supermacht sich noch bewähren musste, einen Gegner hatte, im Osten die Dunkelheit erleuchten wollte, entwickelte sie sich noch. Seitdem stagniert sie und wurde sie zum ständigen Symbol globalen Machtmissbrauchs, dem die Wurzeln fehlen, der das Gleichgewicht der Kräfte nur noch intern übt, zwischen immer religiöseren Republikanern und sich daran mehr oder weniger um der Mehrheit willen anpassenden Demokraten, die sich beide immer weiter vom freiheitlichen Geist der einst gründenden Tea-Party entfernen, weil gierige Prediger dem nur noch fernsehgebildeten Volk erzählen, es kämme auf erfundene Götter und deren irdische Boten an, um das Zusammenleben menschlich zu gestalten.

Die Gründerväter rotierten wohl in ihren Gräbern, ob dieses vielen abergläubischen Unsinns, der auch in nach aufgeklärter Zeit noch für normal und gesund gehalten wird, einige noch immer meinen, von Gottes eigenem Land sprechen zu müssen, um den kurzen amerikanischen Patriotismus hochzuhalten. Jene Männer, wie Jefferson, der den Lukrez liebte und dessen klar logischen Atheismus in die amerikanische Verfassung wie die Menschenrechte einfließen ließ, sind bis heute Vorbilder, könnten es sein für das postdemokratische Europa und stattdessen sehen wir uns ungebildeten Narren wie den Bushs gegenüber, die lieber beten als regieren, in der Hoffnung es änderte mehr als ihre geringen Gedanken, die den komplexen Prozess lange schon nicht mehr überblicken, in dem es um Geld und Macht geht, die sich um die Repräsentanten an der Spitze schart.

Vielleicht hätten sie noch der Wahl eines Obama zugejubelt, wie so viele in Europa, das dachte mit diesem jungen dynamischen Mann fände Amerika wieder zu seinen Werten zurück, hatte er doch versprochen, Guantanamo zu schließen als Hort der Folter und des Unrechts und den Krieg im Irak zu beenden. Nichts davon ist ihm gelungen, im Gegenteil, für die Häftlinge dort gibt es keine Perspektive, die erneute Radikalisierung im Irak und Syrien und das jetzt wieder eingreifen der USA dort, wird noch mehr radikale Moslems in die Arme der Verrückten von IS oder Hamas treiben.

Afghanistan hat sich jetzt mühsam unter wohl massiven Druck der USA auf zwei Präsidenten geeinigt, von Frieden keine Spur und wie schnell die verrückten Taliban nach dem Abzug der letzten westlichen Soldaten wieder die Macht in Kabul übernehmen, darf gewettet werden. Ein Kampf, der nun schon über dreißig Jahre das Land zerstört, mit dem Einmarsch der Russen beginnend, als heißer Stellvertreter des Kalten Krieges lange am Brennen gehalten, bombten die Amerikaner irgendwann die von ihnen bewaffneten Terroristen wieder zurück in die Steinzeit und diese Spur der Verwüstung wird sich weiter ziehen. Was aus Libyen wird, ist weiterhin völlig unklar, wer in Ägypten auf Dauer obsiegt, steht vielleicht in den Sternen und der neue längst Kalte Krieg zwischen Moskau und Washington findet seine Fortsetzung an allen Orten, wo die Luft gerade wieder geladen genug ist, kleine schmerzvolle Explosionen herbeizuführen - wie lange der kleine türkische Diktator noch als vermeintlich erfolgreicher Kapitalist zwischen den Fronten laviert, wird sich zeigen. Vermutlich wird ihn recht bald eine der beiden Seiten über die Klinge springen lassen, denn wichtig ist die Türkei keinem, nur lästig und lange ein Puffer der Europa vor Unruhe schützte. Sobald ein neuer Konflikt wichtiger wird, lassen sie den vermeintlichen Großtürken fallen und werfen ihn dem genervten Volk vor, das sich das Lachen nicht verbieten lässt.

Was aber ist der Weltwille, wenn es nicht der faktisch regierende der amerikanischen Präsidenten ist, ist es dann der Wille der Mehrheit, die einfach in Frieden glücklich leben will, oder eher derjenige derer, die sich daran am meisten bereichern können und ist der Handel mit allem ein Glück an sich, weil jeder alles überall kaufen kann oder ist die Käuflichkeit der Anfang des Unglücks?

Gibt es den einen oder ist die Anmaßung den richtigen Weg zu kennen, nicht der Anfang vom Unglück, weil jeder irrt und es immer das gegensätzliche Zusammenwirken aller Kräfte braucht?

Wir halten uns seit über 60 Jahren eine Bundeswehr und die Einsätze sind bisher, Afghanistan mal außen vor, relativ marginal, weder große heldenhafte Siege noch Niederlagen - sie existiert, hält sich fit und auf neuestem Stand der Technik, nun auch sozial angepasst mit eigenen Kitas, will sie endlich an die Front, sich beweisen, das Vaterland verteidigen und Angst vor dem bösen Russen, damit kann die Bundeswehr seit Jahren gut.

Frieden ist gut und in einem gewissen Maß haben Waffen und Rüstungsspirale dazu beigetragen, dass die Ökonomie des Westens den Kalten Krieg gewann. Doch wird der Krieg nur noch theoretisch, wenn die Waffen keine praktische Anwendung mehr finden. Deutschland ist nicht einer der größten Waffenexporteure weil die Bundeswehr im Kampfeinsatz erfolgreich die Qualität ihrer Waffen demonstrieren konnten. Das taten andere anstatt in allen Regionen der Welt, die von deutschen Firmen indirekt beliefert wurden. Damit soll jetzt nach Wunsch des sozialdemokratischen Wirtschaftsministers und Vizekanzlers Gabriel Schluss sein und demonstrativ beendet er gleich einen Deal mit den bösen Russen, der zwar bereits bezhlt und zu über 90% ausgeliefert wurde, aber die Moral duldet keine vernünftigen Einwände, vor allem können hinter solche demonstrativen Aktionen, die den deutschen Steuerzahler wieder vermutlich Millionen kosten werden, wenn nicht noch mehr, die vielen kleinen Deals gut versteckt werden.

Der demonstrative Boykott Russlands im neuen Kalten Krieg schadet der Wirtschaft massiv, da können wir es uns nicht leisten, noch überall zu genau hinzusehen. IS beweist, es braucht keine direkten Rüstungsgüter, um eine Truppe mobil und gefährlich zu halten, zivile Pick Ups genügen vollauf und stationäre Maschinengewehre finden sich schon auf dem Weltmarkt, es genügt zuverlässige Autos zu bauen, um den Krieg zu fördern. Die deutsche Autoindustrie will aber natürlich niemand angreifen, zu wichtig ist ihre Tätigkeit und ihr Erfolg für das Land. Unser Land lebt vom Export und wenn wir uns einen der ganz großen Märkte abschneiden, eventuell sogar unsere Rohstoffversorgung unnötig gefährden, weil wir Partei für ein zweifelhaftes Regime von Oligarchen in der Ukraine ergreifen, deren Aufstieg von Amerika finanziert und unterstützt wurde, damit sich amerikanische Banken und Konzerne ungestört einen großen Teil der Schätze sichern können, einen neuen Markt finden, dann muss nun dringend ein Erfolg im Osten her und die Absetzung Putins wird langsam zum politischen Ziel, weil er es wagte, Amerika die Stirn zu bieten, einem Spion, den sie unbedingt wieder haben wollen, Ayl zu bieten.

Dazu dreht sich gerade eine Spirale immer schneller, wie in jenem verhängnisvollen Sommer 1914, als die Welt den Ausbruch des Krieges bejubelte, die Putin vor die Wand stellte, dem bisher kein Unrecht nachweisbar ist, als die russischen Bürger im Osten der Ukraine nicht völlig fallengelassen zu haben und der Einmarsch auf der Krim, der völkerechtlich zumindest kritisch war, aber erwartungsgemäß oder hatten die USA tatsächlich geglaubt, sie könnten sich die Ukraine mit einer ihrerseits finanzierten und ausgerüsteten Revolution unter den Nagel reißen und Russland ließe sie ohne echte Partnerschaft noch näher rücken, gäbe seinen einzigen und so wichtigen Hafen auf der Krim auf?

Es hätte viele Wege der Deeskalation gegeben, keiner wurde verfolgt, stattdessen wird gedroht und Putin pathologisiert, auch von der Kanzlerin, der Königin der Alternativlosigkeit, des reichsten Landes Europas, der Lokomotive jeden Aufschwungs. Die sonst eher nichts tut und wenig sagt, um die Dinge geschehen zu lassen, für ihre ruhige Hand berühmte Politikerin, sagte mehr als je und tat damit das ihre zur Eskalation, auch um ihr Volk an ihre Seite zu holen, erfolgreich das Bild vom bösen Russen zu malen und der ehemalige KGB Offizier ist ohnehin vielen Deutschen suspekt.

Die Welt steuert auf einen großen Krieg zu, den sich keiner leisten kann, außer er geht davon aus, als Sieger vom Feld zu gehen, womit gegen Russland nicht zu rechnen ist. Es gibt vieles am System Putin zu kritisieren, aber wenig wiegt es verglichen mit dem, was es am System der USA zu kritisieren gibt, dem letzten Weltpolitzisten, der mit seinen Drohnen nach Gutdünken herrscht und seine ökonomischen Interessen zur Not auch mit Drohung und mit Gewalt verfolgt. Die USA praktizieren die Todesstrafe, Russland hat sie ausgesetzt. Europa kann keinen erfolgreichen Krieg gegen Russland führen, wir brauchen einander. Die Weltmacht Amerika hat überall auf dem Globus seit Bush Chaos gestiftet und eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Keiner der Konflikte ist gelöst, dort wo sie sich zurückzogen, brennt das Land schlimmer als je. Russland hat ein riesiges Reich friedlich aufgelöst. Es gibt ethnische und religiöse Konflikte aber die Situation könnte bedeutend schlimmer sein und die Achse mit China wird zu einer Isolierung Amerikas führen. Das Verbot der Nutzung von Apple Produkten für alle öffentlichen Mitarbeiter dort, spricht Bände.

Es braucht in der Welt ein Gleichgewicht der Kräfte, die ihre Interessen lokal verfolgen. Europa könnte sich noch mit Russland verbünden, was geografisch nahe liegt und vielen unnötigen Ärger vermiede. Die Stärke des amerikanischen Marktes und die Führung der NATO haben daran kein Interesse. Es könnte ein ehrliches Bündnis mit Russland geben, statt leerer Drohungen auf inhaltlich dünner Grundlage aufgrund des Abschusses eines Flugzeuges für den vermutlich eher die ukrainische Luftwaffe verantwortlich ist als die Rebellen.

Am Gleichgewicht der Kräfte orientiert, ist die Konfrontation der Achse Russland-China mit den USA nicht die schlechteste Lösung, für Frieden zu sorgen, die Stellvertreterkonflikte klein zu halten, um nicht in die totale Eskalation zu rutschen, die gerade droht. Putin für verrückt zu halten, ist sicher der falsche Weg. Was von einer Regierung zu halten ist, die sich ausspionieren lässt, sich lautstark beschwert, einen diplomatischen Eklat verursacht und dann absurde Forderungen nach der Meldepflicht für alle ausländischen Spione zu stellen, wird immer deutlicher und wer hier nicht zweifelt oder eine bloße Show vermutet zur Beruhigung der dummen Bevölkerung, gibt viel Anlass am politischen Verstand dieser Regierung zu zweifeln, die gerade die Chance hätte Europa in eine sichere Position für die Zukunft zu manövrieren, indem sie eine Mitgliedschaft der Ukraine in ihrem Bund an die Russlands knüpft und damit beide an den Verhandlungstisch bringt, statt zu spalten.

Das Problem des Gleichgewichts der Kräfte in der postideologischen Gesellschaft ist nämlich, dass sich eigentlich alle gemeinsam auf dem gleichen Markt tummeln. Eine Konfrontation bringt nur Verluste und verspricht keinen Gewinn für Europa, in dem die Deutschen selbstlos nun einen Milliardendeal stornieren, während Exon und Gazprom noch gemeinsam von Putin eröffnet, das nächste Projekt in der Arktis starten, auf die beide Seiten von Alaska und Sibirien aus Zugriff haben. Dazu kommt, dass es viele Staaten der früher sogenannten zweiten Welt in Südamerika und Asien gibt, die diese Situation für sich nutzen werden.

Was also ist der Wille der Welt und gibt es so einen überhaupt, wer vertritt ihn glaubhaft?

Die USA vertreten weltweit amerikanische Interessen und die Position amerikanischer Unternehmen, im Notfall geben sie dem ganzen noch einen humanitären Anstrich, wie gerade im Irak, wo sie sich viel Zeit ließen.

Europa versucht eine Summe teils konkurrenter nationaler Interessen unter einen Hut zu bringen, ist damit eigentlich schon vollauf beschäftigt, hat keine wirkliche globale Strategie, noch einen Plan, wie eine solche aussehen sollte, was die Interessen dahinter sind und wohin es führen soll. Darum dienen sie sich als Partner den USA an, die sie dennoch ausspionieren und weiter beherrschen wollen. Es gibt eine eruropäische Tradition, die zeigt, erfolgreich waren wir immer nur im Bündnis mit Russland, selten gegen, sehen wir von dem erfolgreichen Weg der EU nach dem 2. Weltkrieg ab. Europa sollte den Willen der Europäer vertreten. Bisher ist unklar, ob es überhaupt politisch einen solchen hat, noch wohin dieser gehen soll und wer ihn glaubwürdig vertritt.

Russland ist das größte Überbleibsel der ehemaligen Sowjetunion, trauert dem Status als gleichberechtigte Weltmacht innerlich hinterher, lebt in teilweise noch vordemokratischen Strukturen, agiert am Weltmarkt am erfolgreichsten als Lieferant von Waffen und vor allem Rohstoffen. Wohin es diese verkauft ist nicht so wichtig. Europa ist nur für die Rohstoffe ein wichtiger Markt aber, wie die Verträge mit China zeigen, ersetzbar. Eine langfristige ökonomische Perspektive bietet das nicht, die Versuche sich anderweitig zu profilieren werden durch die Sanktionen gestört.

Die Situation schadet allen Beteiligten. Den größten Schaden hat Europa, was einer schwächelnden amerikanischen Konjunktur hilft. Interesse an der Durchsetzung in der momentanen Konfrontation haben nur die USA, die ihren Spion haben wollen, den sie als Gefahr ansehen, die sich durchsetzen wollen, um die Ukraine ökonomisch an die Kette zu legen und langfristig als NATO Stützpunkt gegen Russland zu etablieren. Allerdings stehen Kosten und Aufwand in keinem Verhältnis zum zu erwartenden Gewinn. Die Ukraine ist das ökonomisch nie wert. Für Russland ist es lästig und relativ teuer, schmiedet auf der anderen Seite zusammen und verpflichtet sich auf neuen Märkten breiter aufzustellen.

Würde Europa sich einen vernünftigen, kritischen Willen bilden und diesen an seinen Interessen messen, um demgemäß einheitlich zu handeln, statt immer den kleinsten Nenner zu suchen, um sich irgendwie durchzumogeln, wäre die europäische Politik gerade eine andere und könnte eine Umkehr gegenüber Amerika bedeuten, das dann in eine echte Partnerschaft gemeinsam mit Russland gezwungen würde, um langfristig Sicherheit für alle am Markt zu garantieren. Momentan ist niemand in der politischen Landschaft zu erkennen, der diese Interessen glaubwürdig vertreten würde und nachhaltig strategisch handelte. Sollte sich das nicht ändern, könnte Europa in diesem Konflikt endgültig unter die Räder kommen, darum ist ein dringender weitsichtiger Strategiewechsel zu empfehlen, wie ihn auch schon Helmut Schmidt nahelegte, denn wir werden Russland nur als Partner binden und bändigen können, nie als Gegner, aber wir können sicher sein, die Schlachten des drohenden Kampfes werden auf Europas Boden ausgetragen und auf Kosten unserer Ökonomie.

Zeit für eine grundlegende Wende. Strategie im 21. Jahrhundert kann sich nicht mehr an den billigen Mustern des Kalten Krieges orientieren. Nur Partnerschaft wird Sicherheit gewährleisten, Konfrontation wird scheitern und ob das amerikanische System der Ökonomie mit der Macht der Banken der einzige Weg in die Zukunft ist, sollte häufiger hinterfragt werden, um größere Lösungen zu finden, als es diese kleinlichen Versuche lächerlicher Erpressung gerade zeigen - vor allem haben wir nur eine Chance, die größenwahnsinnige Weltmacht USA in ihre Schranken zu weisen, sofern wir global glaubwürdige Partner haben.

Europa steht so gesehen am Scheideweg der Weltgeschichte, es muss begreifen, dass der Kalte Krieg vorbei ist, es nicht mehr geteilt ist, sondern geeint, nicht an der polnischen Grenze endet und nicht in der Ukraine sondern wenn am Ural und das es seine Prinzipien und Menschenrechte langfristig global nur mit einem Partner Russland vertreten kann, da die USA auch weiter in Cowboy Manier weltweit agieren werden und auch von daher einen kritischen Partner an ihrer Seite brauchen, der ihnen Grenzen setzen kann. Es braucht ein globales Gleichgewicht der Kräfte, auch damit das Morden auf den Schlachfeldern Amerikas im Irak, in Afghanistan, in Israel endet und dafür braucht es ein Gleichgewicht globaler Kräfte und wenn Europa eine Zukunft haben sollte, wird es in einem solchen Gleichgewicht sein. Wer den momentan eingeschlagenen Weg weitergeht, schaufelt unser Grab und wird dafür auch historisch Verantwortung übernehmen müssen, wie jener lächerliche Gabriel mit seiner kurzsichtigen Politik im Parteiinteresse. Wer Kriege verhindern will, um Frieden langfristig eine Chance zu geben, wird die momentanen Bündnisse dringend überdenken müssen, denn der Aufruf zur Selbstanzeige der Spione mit Meldebescheinigung ist ein symbolischer Ausdruck für die gerade Hilflosigkeit europäischer Politik. Das können wir ändern, wenn wir es wagen, global zu denken.
jt 9.8.14

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