Samstag, 2. August 2014

Massentiertourismus

Wer sich anschaut, was Menschen sich antun auch auf Reisen, wird bemerken,  es unterscheidet sich nicht wesentlich von dem, was wir Tieren beim Transport antun, aber, wir halten es nur nicht für normal, es mit Tieren zu tun, weil es ihrer Natur widespräche, von der wir sichtbar so wenig wissen, wie von unserer eigenen, nur warum dann einer richtiger liegt, oder den Verstand des anderen bezweifeln darf, leuchtet mir nicht ein, vielmehr scheinen die aggressiven Angriffe der sogenannten Tierschützer oft völlig unverhältnismäßig, wobei unklar bleibt, wessen Verstand real mehr Anlass zu Zweifeln gibt.

Der Unterschied zwischen Massentourismus und Massentierhaltung ist marginal, fraglich ist also, wer der sich hier so gern empörenden für sich selbständiges kritisches Denken in Anspruch nehmen kann und wer nicht zu unterscheiden ist im Ergebnis.

Der einzige Unterschied, Schlachtvieh wird transportiert, um geschlachtet zu werden, Urlaubsvieh in den Massentransportern nach Malle oder den Bumsbombern nach Bangkok, soll sich erholen, um die industriell noch benötigte Arbeitskraft wiederherzustellen. Da bei uns untereinander die Schlachtung noch nicht legal ist, sterben die meisten bereits in einem Alter, in dem das Fleisch, selbst wenn wir es vielleicht, nachhaltig gedacht, wollten, nicht mehr verwertbar ist. Ob der so geplante Arterhalt zum Produktivitätsfortschritt irgendwie auch ein Lustgewinn sein kann, scheint mehr als fraglich. Zumindest ist nicht zu erkennen, welchen kausalen Nutzen der Massentourismus dafür hat und welcher Illusion wir uns dabei hingeben, uns für mobil und weltgewandt zu halten, nur weil wir verschiedene Orte der Welt betreten haben, was auch dem Wort nach mehr mit treten, als mit verstehen zu tun hat.

Der Massentourismus verunstaltet manch schönen Ort der Welt, wird jedoch als ökonomischer Faktor dennoch toleriert, weil uns die Illusion gegeben wird, der durch die eingebrachten Geldmittel der Touristen gewonnene finanzielle Wohlstand sei irgendein Fortschritt, nicht nur ein maximaler Verlust an Lebensqualität, die auf Ruhe und der Fähigkeit zu genießen beruht. Massenbewegungen senken die Preise für den Einzelnen, geben so die Illusion etwas würde besser, weil alle es tun. Die Folgen des Massentourismus gleichen denen der Massentierzucht und es steht zu vermuten, dass die Besucher des Ballermann ähnlich verblöden wie die anderen sich dicht an dicht auf Stränden drängenden, an denen sie am liebsten noch ihre Stammplätze mit Handtüchern reservieren.

Eine widerliche Offenbarung von Neid, Besitzstandsdenken und zugleich dem Bedürfnis sich für sich einen schönen Platz vor anderen zu sichern. Weil sie sich aber in der Masse an diese Plätze begeben, wird jede ihrer Bewegungen eine im Strom einer nicht denkenden Masse. Es ist nicht ersichtlich, wie bewusst sich die so Attentäter auf Gebote von Menschlichkeit, Toleranz und Rücksichtnahme sich noch als Menschen verstehen, mit der eben menschlichen Eigenschaft, ihr Handeln zu reflektieren oder die deutschen Urlaubsviecher, die sich nur graduell von denen anderer Nationen unterscheiden, nur noch in einer Art vermeintlichen Vergnügungsreflex handeln, der sie dazu bringt, statt zu genießen, wie Lemminge der verrückten Masse zu folgen, die sie des Denkens enthebt.

Aber auch jenseits dieser wohl untersten Stufe menschlicher Entwicklung, des Homo touristicus, ist nicht zu erkennen, welchen persönlichen Gewinn ein reflektierter Mensch vom Tourismus hat, den er nicht längst aus der geruhsamen Lektüre von Büchern hätte ziehen können. Doch jenseits allen Eifers und aller Freude an der Empörung über die Dummheit der Massen fragt sich doch, wie sehr sich der Mensch hier vom Tier unterscheidet, ob er reflektiert handelt oder nur dem Herdentrieb folgt, der uns lehrt, irgendwo gewesen zu sein, würde bilden, gar den Horizont erweitern, wogegen die Erfahrung mit Reisenden nahezu überall spricht und das leuchtende Beispiel Imanuel Kants als Zeuge dafür steht, wie entbehrlich all dies ist, um reflektierter und klüger als nahezu alle zu sein.

Es ist also kein Gewinn erkennbar, im Gegenteil die negativen Faktoren überwiegen deutlich und wohin sie führen, sehen wir im der Massentierzucht inhaltlich sehr nahen Massentourismus - ob dieser seine vollkommenste Form erst erreicht, wenn wir die Touristen am Ziel schlachten, oder zwischenduch abknallen, wie just über der Ukraine mit MH17, scheint zumindest fraglich, ein Gewinn für den Planeten könnte es sein, auch wenn uns das Gegenteil suggeriert wird, ist jeder Tourist weniger ein ökologischer Hauptgewinn, jeder Flieger, der nicht mehr fliegt, eine Rettung. Ob aus Sicht der Biosphäre und ihrer Beeinträchtigung durch auch CO2 es einen Gewinn darstellt, wenn transportierte Tiere nicht sterben, käme auf die Gesamtbilanz an, doch scheint auch hier mehr als unklar, ob sie zugunsten der Touristen oder der Tiere, die ja inhaltlich ähnlich ihre Zeit verbingen, ausfällt.

Tourismus und Hobbys ergänzen sich aus Sicht der politisch korrekten Menschen auch gern auf das allerbeste. Jagd etwa scheint den Gutmenschen als perverses Hobby, wie welche aus Spaß Tiere abknallen und sich einen Kult daraus gemacht haben, zu töten und sie unterscheiden dabei nicht zwischen Tier- und Menschenmördern. Wer Tiere hinterrücks tötet, ist in ihren Augen ein Mörder, nutzt die Wehrlosigkeit aufgrund Arglosisgkeit aus. Keine Berücksichtigung findet in den Einbahnstraßen dieses Denkens, dass ohne Jagd die Tiere die Bisophäre ihrer Umgebung ohne teils natürliche Feinde zerstörten - wir irgendwie eingreifen müssen, wollen wir nicht alles aus dem Gleichgewicht bringen. Besonders beliebt in diesem Umfeld sind daher die Jagdreisen bei denen noch dazu heimatferne Bestände unnötig dezimiert würden, ohne dass dabei ein Gewinn zu erkennen wäre, außer der Freude am Töten, die ja pervers sein müsse, sofern es sich um Mitkreaturen handelt.

Dem ist wenig entgegen zu setzen. Jagdurlaub ist eine seltsame Abart unseres Verhältnisses zu Tieren, vielleicht vergleichbar noch der Freude an tödlichen Tierkämpfen oder dem Bedürfnis, einen Stierkampf mit dazugehöriger Hatz in Pamplona zu erleben. Es fragt sich also, ob dies unnatürlich, pervers und krank ist, unsere Vorfahren, die dies teils auch taten, um zu überleben alle dümmer waren, als etwa heutige Veganer oder eben bei einem Teil auch der Jagdtrieb in der Natur liegt und es also ganz natürlich ist, was hier geschieht und nur die aggressive Abwehr eher auf psychische Störungen der Natur entwöhnter Großstädter hinweisen.

Interessant ist, wie immer wieder kluge Köpfe auch auf das natürliche Bedürfnis zur Rücksichtnahme gegenüber Tieren hinwiesen. Etwa Michel de Montaigne im 16. Jahrhundert oder andere Denker nach ihm, etwa der späte Tolstoi in Russland, der allerdings ohnehin an allem kompromißlos zweifelte, mit dem er groß wurde, vielleicht ein zu extremes Beispiel sein könnte, wie die religiösen Lehren manch feröstlicher Geister.

Bei Montaigne, der selbst natürlich auch jagte, es aber nicht schätzte, sehen wir einen klaren Blick auf die Natur der Kreatur, die er gleich sich, zu schonen versucht, damit es ihr möglichst gut geht. Wir äßen sie, was natürlich sei, aber wir sollten sie doch bis dahin bitte gut behandeln, wie wir auch behandelt werden wollen, ohne zu wissen, ob Tiere reflexiv sein können, sich also Gedanken je darüber machten, wie sie behandelt werden wollen.

Das Essen ist also Teil unserer Natur, meinte der kluge Franzose aus der Zeit von König Henry Quattre, was relativ logisch klingt. Die Ethik, die wir darüber legen, ist ein mehr als Natur vermutlich, aber vielleicht ist das "sei so zu anderen, wie du behandelt werden möchtes" auch kein ethisches Wunder, sondern ganz natürlich. Eben so, wie wir behandelt werden wollen, verhalten wir uns der Natur nach. Schauen wir uns dann den Massentourismus an, die Balermannbesäufnisse, die Inselhopper wo auch immer, die Birkenstockzertrampler in fremder Kultur, fragt sich, ob wir uns nicht den Tieren also synchron gegeüber dem verhalten, was sich viele von uns selbst antun.

Wer also massentouristisch reist, darf billiges Fleisch essen und muss sich nicht schämen, wer es gern individuell und politisch korrekt hat, hätte dafür keine Rechtfertigung vor sich, wird sich also vermutlich anders ernähren.. Die Praxis und der Markt zeigen, dass sich dies in den meisten Fällen genau so findet und noch eine erstaunliche Ähnlichkeit ist zu beobachten, so gleichen Menschen, die viel hormonbelastetes Schweinefleisch essen, sich ihrem bevorzugten Essen ganz natürlich an, sie sehen irgendwann aus, wie das, was sie primär essen. Ob das ein Gewinn ist. möge jeder für sich entscheiden, nur was natürlich ist und was wider die Natur, vermag ich am Ende noch weniger zu beurteilen, als ich am Anfang meinte - vielleicht macht es mich bescheidener, zufrieden mit dem, was ich mache, weil es meiner Natur zu entsprechen scheint. Die Dinge mit mehr Lust zu tun, wie sie unserer je Natur entsprechen, könnte das Leben schöner machen, genau wie angenehmer lebt, wer nicht meint, andere belehren zu müssen, und dennoch tragen die meisten für ihre Überzeugungen den Drang in sich, überzeugen zu wollen. Ob dies zufriedener macht, scheint zweifelhaft.
jt 2.8.14

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen